Leben und Wirken von
Michael Barnett

Sei mit dem Einen, und gleichzeitig erlaube dir, von den Schönheiten des Lebens erobert zu werden.“ Michael Barnett

Am 12. November 2019, in seinem 90zigsten Lebensjahr, verließ der spirituelle Lehrer Michael Barnett seinen Körper. Seine letzten Atemzüge in dieser Welt geschahen friedlich in den Morgenstunden einer Vollmondnacht, zu Hause. Seine Frau Mishka Susanne Barnett, sieben leibliche Kinder, zwei Enkel und langjährige Schüler*innen hatten ihn fürsorglich in den letzten Monaten umsorgt.

Was zeichnete Michael aus?

Starke Präsenz, Authentizität, Intuition, Mitgefühl, Mut, Vertrauen, Kreativität, Hingabe für seine Aufgabe als Lehrer. Mit „Energy Work“ hat er über 40 Jahre lang auf allen Kontinenten mit Menschen gearbeitet. Selbst im hohen Alter reiste Michael scheinbar unermüdlich zu Seminaren, allein 2019 führte ihn das von seinem deutschen Zuhause bei Freiburg nach Österreich, Schweiz, Belgien, Ukraine, Dänemark, England, Korfu, Italien, Tschechien.

Fünf Monate vor seinem Tod wurde eine schwere Erkrankung diagnostiziert. Sein letztes Auswärtsseminar – fünf Tage, 80 Teilnehmer – hatte Michael vier Monate vor seinem Übergang noch hingebungsvoll durchgeführt. Danach stellte er die Reisetätigkeit ein. In seinem Zentrum betreute Michael bis kurz vor seinem Tod noch Schüler*innen, leitete Meditationsstunden, empfing Besucher, korrespondierte.

Welches sind die Meilensteine seines Lebensweges?

Michael Barnett wird 1930 in London geboren. Der sprichwörtliche englische Humor ist ihm eigen. Mit seinem Bruder wächst er in der Hauptstadt auf, unterbrochen durch entbehrungsreiche Zeiten, die er evakuiert bei Gastfamilien auf dem Land verbringen muss, um der Bombardierung durch Nazideutschland zu entgehen. In seinem Militärdienst bringt er es bist zum „Drill Sergeant“ (Feldwebel); schmunzelnd sagt er über diese Episode, dass beste an diesem Rang bestünde darin, Zugang zum Offizierskasino und damit zu Billiard und Drinks zu erhalten. Anschließend studiert Michael Mathematik und Jura in Cambridge. Es folgt ein Jahrzehnt bürgerlicher Karriere bei einem Haushaltsgerätehersteller, für den er sehr erfolgreich eine Vertriebsorganisation leitet.

Mit Anfang 30 kündigt Michael die sichere Anstellung auf. Etwa vier Jahre verbringt er reisend. Gemeinsam mit Freunden fährt er in einem Landrover Jeep von England bis nach Indien; von dort geht es später weiter nach Japan und Australien. Unterwegs arbeitet er als Englischlehrer. Besonders Indien berührt ihn tief; er befasst sich mit den östlichen Weisheitslehren und öffnet sich für die allgegenwärtige Spiritualität.

1967, zurück in England, wendet sich Michael einem neuen Arbeitsfeld zu. Er schreibt sich in Birmingham als Student im Fach Soziologie ein und nimmt eine Stellung als Krankenpfleger in einer psychiatrischen Einrichtung an. Michael freundet sich mit Ronald D. Laing an, einem klinischen Psychiater und Gründer der Philadelphia Association, deren Ziel es ist, psychisch Kranken durch das gemeinsame Leben in einem betreuten Haushalt die Einweisung in eine psychiatrische Anstalt zu ersparen. Michael unterstützt diesen Ansatz, gründet die Laienbewegung „People Not Psychiatry“, was gleichzeitig auch der Titel seines ersten, 1970 veröffentlichten Buches ist. Seine eigene therapeutische Arbeit mit Menschen beginnt. Michael leitet Selbsterfahrungs- und Encountergruppen, die sich abends in dem von ihm mitgegründeten Londoner „Community Growth Center“ einfinden. Manchmal sind es auch mehrtätige Seminare, sogenannte „Marathons“.

„Ich suche Erleuchtung.“

Mitten in einem dieser Seminare hat Michael das Gefühl, an die Grenzen dieser Arbeit gekommen zu sein. Er erklärt vor den Anwesenden, dass er sich auf die Suche nach der Erleuchtung begeben wolle und sagt alle weiteren Seminare ab. Sein Weg, gemeinsam mit seiner ersten Frau und dem gemeinsamen Sohn, führt ihn 1974 nach Poona/Indien. In Bhagwan Shree Rajneesh – heute Osho – sieht Michael jene Freiheit, Liebe und Weisheit verwirklicht, nach der er sich selbst sehnt. Als Oshos Schüler trägt Michael acht Jahre lang den Namen Swami Anand Somendra – Lord of the Full Moon.

Einige Jahre wird der Ashram sein Lebensmittelpunkt sein. Osho fördert und fordert ihn; Somendra lektoriert Oshos Bücher. In der Lehrer-Schüler-Beziehung öffnen sich für Somendra die inneren Türen. Vor allem aber folgt er Oshos Einladung, als Therapeut mit den Sannyasins zu arbeiten, sowohl im Ashram in Poona, wie auch in den weltweit entstehenden Sannyas Centern. Die dynamische und experimentierfreudige Gemeinschaft inspiriert ihn. Er entwickelt zunehmend seinen eigenen Stil und besonders jene subtile Energiearbeit, die Tausende Menschen tief berühren sollte. Von Osho ist der Ausspruch überliefert: „Somendra, you are an energy phenomenon.“

1981 zieht die Kommune von Indien nach Oregon. In dieser Phase hat Somendra Poona bereits verlassen und leitet ein Sannyas Center in Brüssel, nennt es Alchemy International, nabelt sich zunehmend ab. Im Juli 82 verlässt Michael die Bewegung, schließt das Brüsseler Zentrum und zieht mit seiner damaligen Partnerin und der gemeinsamen Tochter vorübergehend ins Rheinland. Von dort aus arbeitet er als Seminarleiter weiter, jedoch unabhängig von der Sannyasbewegung.

Michael gründet 1984 seinen eigenen Kreis

1984 beschreibt er ein Befreiungserlebnis, das er spontan während einer Beobachtung von Wildgänsen in Dänemark hat, als seinen spirituellen Durchbruch. Daraufhin gründet er seinen eigenen Kreis, nimmt Schüler*innen an, verleiht ihnen auf Wunsch spirituelle Namen; 6072 solcher persönlicher Namensgebungen werden es am Ende sein. In Anlehnung an das Zen-Gedicht „The Wild Goose sweeps across the sky, leaving no trace“, das sein Erlebnis umschreibt, nennt er seine Gemeinschaft „The Wild Goose Company“.

Kernstück von Michaels Lehre ist die mystische Einheitserfahrung, die durch Auflösung der begrenzenden Egostrukturen erkannt werden kann. Diesen Zustand erlebt Michael als spezifische energetische Schwingung. In seiner Energiearbeit sieht er eine Art Resonanzprozess, durch den er transzendente Erfahrungen für seine Schüler*innen ermöglicht.

Michael entwickelt seine Energiearbeit ständig weiter. Manchmal arbeitet er mit Einzelnen, häufig simultan mit der ganzen Gruppe. Dabei ist er sehr flexibel: Es gibt (selten zwar) kleine Gruppen mit unter 10 Teilnehmer*innen; er kann aber auch mit mehreren Hundert Menschen im Raum eine Intensität aufbauen, die allen besondere Bewusstseinsmomente eröffnet. Michaels Arbeit ist von einer tiefen, inneren Stille begleitet. Die Atmosphäre im Raum fühlt sich an, als würde man von Energie umhüllt sein. Der Körper fühlt sich leicht und durchströmt an, ein erweitertes Bewusstsein, dass ganz im Hier und Jetzt zentriert ist, wird erlebbar. Ein Gefühl von Verbundenheit mit anderen Menschen, darüber hinaus aber auch allen Lebewesen, der Erde und dem Himmel, entsteht.

Unter dem Namen „OneLife“ werden Michaels Seminare und Trainings weltweit von Freiburg aus organisiert. Neben der Seminararbeit weiß Michael auch Alltagssituation als „Teachings“ einzusetzen. Er hat dafür Gemeinschaften ins Leben gerufen, die auch sein Lebensmittelpunkt waren, in England, Belgien, der Schweiz, Italien, Frankreich, Deutschland – und in Denzlingen/Freiburg.

Seinen Schüler*innen vermittelt er ein komplexes, energetisches Übungssystem, bestehend aus zahlreichen Meditationen, „Energy Structures“ und dem von ihm so genannten Diamant Yoga. In weit über 1000 Vorträgen teilt Michael seine transzendenten Einsichten. Über 40 Bücher mit Übersetzungen in mehrere Sprachen zeugen von seinem umfassenden Werk. Seine inspirierten Gedichte werden als Lieder vertont, und mit seinen „Energy Drawings und Healing Cards“ macht er Vielen eine Freude. So wirkt sein kreatives, heilsames und spirituelles Schaffen über sein physisches Sein hinaus.

Seine private Seite: Liebevoller Patchwork-Familienvater. Er genießt guten Kaffee, dazu raucht er indische, handgerollte „Beedies“. „Das Leben ist zu kurz, um schlechten Wein zu trinken“ – das Zitat ist nicht von ihm, er lebt danach. In seiner 2000 Bände umfassenden Bibliothek finden sich Klassiker, spirituelle und philosophische Bücher aller Traditionen, Biografien, Weltkriegsliteratur und Krimis. Am Weltgeschehen nimmt er Anteil, abonniert zwei englische Tageszeitungen. Dem FC Arsenal London, seinem Fußballverein aus Kindestagen, ist er bis zuletzt ein treuer Fan. In den letzten 26 Jahre seines bewegten und bewegenden Lebens hat Michael Mishka Susanne Barnett als Partnerin und Ehefrau an seiner Seite. Die beiden haben zwei erwachsene Söhne.

Dank an unseren Lehrer

Wir fühlen tiefe Dankbarkeit. Für die lange Zeit, die wir mit Michael verbringen und von ihm lernen durften. Als Lernende in ungezählten Seminaren, dann auch unterstützend als seine Assistenten und Übersetzer, in der Gemeinschaft seiner Schüler*innen, im Alltag und auf vielen Reisen, die wir gemeinsam mit ihm, seiner Frau und unseren Kindern unternahmen. Sein Lehren und sein Sein haben unsere Arbeit mit Menschen immer wieder von Neuem inspiriert. Welch ein Geschenk, so einen einzigartigen Lehrer, Wegbegleiter und Freund zu haben.

Fotogalerie

Bücher, Vorträge, Informationen

Mishka Susanne Barnett ist Ansprechpartnerin für Menschen, die mehr über Michael Barnett und seine Arbeit erfahren möchten.

www.michaelbarnett.net

Zitate

Auszüge aus Vorträgen und Büchern von Michael Barnett

Each thing that is different contains what is common to all of life. And vice versa. When one finds that feeling of connection deeply, then one must be close to that common essence of life.
Alles, was sich voneinander unterscheidet, beinhaltet auch, was alles Leben gleichsam eint. Und umgekehrt. Findet man dieses Gefühl tiefer Verbundenheit, muss man der allgemeinen Essenz des Lebens nahe sein.

It is not enough to get glimpses, to find nice spaces, it has to come back to you as a human being so that you can stand there and say, “I am an example of openness, of freedom, of allowing, of letting go, of letting happen. I am a personal example of what I have seen.“
Es reicht nicht, nur Einblicke zu bekommen oder ein paar nette Zustände zu erleben. Es muss dich als menschliches Wesen durchdringen, damit du dafür einstehen kannst und sagst: „Ich bin ein Beispiel für Offenheit, für Freiheit, für Loslassen und Geschehenlassen. Ich bin ein lebendiges Beispiel für das, was ich erkannt habe.“

You have to take command of your life, not expect that by some magic means you will wake up in the morning and be free. It doesn’t happen like that. It is hard and bloody work on the Path.
Du musst dein Leben in die Hand nehmen und kannst nicht erwarten, dass du durch einen magischen Zauber morgens aufwachst und einfach frei bist. So passiert das nicht. Die Arbeit auf dem Weg ist hart und schweißtreibend.

Open to what is absolutely powerful all around you, which is not Nothingness, but the power that produces billions and billions of stars and all the beings that have come out of it – including you.
Öffne dich für das, was absolut machtvoll überall um dich herum ist; es ist nicht das Nichts. Es ist die Kraft, die Milliarden und Abermilliarden von Sternen hervorbringt und alle Wesen, die dort leben, einschließlich dir selbst.

The more you give energy to your awareness, the more still you will become.
Je mehr Energie du auf deine Achtsamkeit lenkst, desto stiller wirst du werden.

Instead of the movement of awareness you come to just pure awareness, just the state of wakefulness.
Statt mit der Achtsamkeit mitzufließen, gelangst du zu reiner Achtsamkeit, also einfach dem Zustand von Wachheit.

The beauty of awareness is that it wakes you up and makes you be here and now, otherwise you are aware of nothing.
Das Schöne an der Achtsamkeit besteht darin, dass sie dich aufweckt und dich präsent im Hier und Jetzt macht; andernfalls bist du dir gar nichts bewusst.

Awareness is the step which first makes you aware of the fact that your mind is running the show, along with your ego, and the next thing it does is to actually make you aware of what is going on in this being you call ‚yourself‘.
Achtsamkeit ist der Schritt, der dir zunächst bewusst macht, dass dein Verstand – zusammen mit deinem Ego – die Bühne besetzt. Als nächstes macht dir die Achtsamkeit bewusst, was in diesem Wesen vorgeht, dass du „dein Selbst“ nennst.

So many people when they get ill and find themselves having to lie on their backs in bed think, “Ah, finally I get a chance to do fuck-all! I can just lie here with no responsibilities, no goals, I can just let go.“ Then they see things that they would never have seen with their constant manoeuvring, activity, involvement, busyness.
Eine Menge Leute denken, wenn sie krank sind und flach im Bett liegen müssen: „Endlich habe ich mal die Gelegenheit, absolut nichts zu tun. Ich kann einfach hier liegen, ohne Verantwortungen, ohne Ziele, ich kann einfach loslassen.“ Dann erkennen sie Dinge, die sie sonst nie gesehen hätten mit ihrem unaufhörlichen geschäftigen, aktiven Streben und Tun.

Buddha has cried ‘stop’, and if you can’t stop then sometimes he sends a messenger to get you to stop.
Buddha rief ‘Stop‘. Wenn du nicht anhalten kannst, sendet er manchmal einen Boten, der dich zum Anhalten zwingt.

The reality which we are attached to is clearly not the only reality because everybody else around us is living in another reality.
Die Wirklichkeit, an der wir anhaften, ist offensichtlich nicht die einzige Wirklichkeit, denn alle um uns herum leben in einer anderen Wirklichkeit.

It is not only certain people that have the chance to enjoy the oneness, everybody has it.
Es ist nicht so, dass nur gewisse Leute eine Chance haben, die Einheit zu genießen; jede/r kann das.

That’s a great Zen phrase, “Don’t add anything to life.” You don’t need to. All you need to live this life is already in you and is already there.
Es gibt dieses großartige Zen-Zitat: „Füge deinem Leben nichts hinzu.“ Du musst nichts machen. Alles, was du brauchst, um dieses Leben zu leben, ist bereits in dir und bereits vorhanden.

When I’m with you, then you are in me.
Wenn ich mit dir bin, dann bis du in mir.

To move from thought to being is to return to the source of thought.
Sich vom Denken zum Sein zu bewegen bedeutet, zum Ursprung der Gedanken zurückzukehren.

My last wish is for you to feel that the connection you’ve made with the cosmos need not be restricted to when we meet.
Mein letzter Wunsch für dich ist, dass du fühlst, dass die Verbindung, die du mit dem Kosmos gemacht hast, nicht davon abhängt, dass wir zusammen sind.